Früher gehörte zur Fastenzeit das Verzichten auf Fleisch. Heute sind wir (mit Ausnahmen) fast maßlose Fleischesser geworden. Folgender Text wird uns vielleicht den Fleischappetit verderben und uns helfen, zur früheren (vernünftigen) Fastenpraxis zurückzufinden:
"Weltweit gesehen, wird mindestens ein Drittel der gesamten Getreideernte an Vieh verfüttert. Von der Getreidemenge, mit der man 100 Schlachtkühe ernährt, könnte man 2.000 Menschen Nahrung bieten. Alle Schlachttiere auf der ganzen Welt zusammengenommen verbrauchen eine Futtermenge, die dem Kalorienbedarf von 8,7 Milliarden Menschen entspricht – das ist mehr als die gesamte Weltbevölkerung… Fleischproduktion ist, was Nahrungsmittelerzeugung betrifft, die schlechteste Form der Bodennutzung: Um ein Rind ein Jahr lang zu mästen, benötigt man 0,5 Hektar Land. Nach einem Jahr erhält man von diesem Tier rund 300 Kilo essbares Fleisch. Hätte man während dieses Jahres auf derselben Fläche Getreide oder Kartoffel angepflanzt, hätte man (mit Bio-Anbau) mindestens 2.000 kg Getreide bzw. 15.000 kg Kartoffel ernten können! Anders ausgedrückt: Ein einziges Steak von 225 g enthält so viel Pflanzenenergie, wie benötigt wird, um einen Tag lang rund 40 hungernde Menschen zu ernähren!"
Soweit der Bericht der Gesellschaft für Ernährungskunde. Er ist dazu angetan, einem den Appetit auf Fleisch zu verderben. Zumindest macht er nachdenklich.
Was ist die Alternative? Weniger Fleischkonsum? Weniger Fleischproduktion bedeutet weniger Massentierhaltung, weniger Tier-Leid, weniger Einsatz von Antibiotika in Futtermitteln, weniger gesundheitliche Probleme bei Tier und Mensch. Tierschutz, Umweltschutz, Fleischqualität – all das ist möglich, und dringend notwendig. Unser massiver Fleischkonsum ist mit der Energieverschwendung einer der großen Risikofaktoren für eine gute Zukunft. Im empfehlenswerten Lesebuch "Alles, was wichtig ist 2012" (Knaus Verlag München 2011) heißt es, "dass die Welt in einem nachhaltigen System auf etwa die Hälfte des Fleisches verzichten müsste, das sie jetzt verbraucht. Die Hälfte. Das klingt eigentlich ganz machbar, oder?" Und die Fastenzeit wäre der richtige Zeitpunkt, damit zu beginnen!
(Kardinal Christoph Schönborn)
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